Ligaturen wurden für den Bleisatz aus unterschiedlichen Motiven gegossen. Man unterscheidet sie in sprachliche und technische Ligaturen.
Als sprachliche Ligaturen gelten solche, deren Buchstaben durch ihr Zusammentreffen den Lautwert ändern (Abb. 40).

Abb. 40: Sprachliche Ligaturen, Beispiele
Die Ligaturen Æ, Œ, æ und œ sind in der deutschen Sprache seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr gebräuchlich und werden durch Ä, Ö, ä bzw. ö ersetzt.
Beim Zusammentreffen der Buchstaben s und t ändert sich der Lau
Das ß, das nur in der deutschen Sprache – in Deutschland und Österreich, nicht jedoch in der Schweiz – vorkommt, aus einem Doppel-s entstanden ist und auch anstelle eines solchen steht, wird ebenfalls zu den sprachlichen Ligaturen gerechnet.


1. Ligaturen, deren einzelne Buchstaben durch ihr Zusammentreffen zu große
   Abstände (
Lückenreisser) bilden würden oder
2. Ligaturen, die verhindern sollen, dass Überhänger beim Drucken im
   
Buchdruck abbrechen (Abb. 41).

Abb. 41: Lückenreißer und Überhänger, Beispiele
3. Ligaturen, die schnelleres Setzen ermöglichen sollten (Effizienzsteigerung),
   um statt zwei oder mehr Griffen im
Blei-Handsatz (oder Tastengriffen an
   einer
Blei-Setzmaschine) nur einen einzigen tätigen zu müssen (Abb. 42).

Abb. 42: Ligaturen zur Effizienzsteigerung, Beispiele
Sprachliche und technische Ligaturen können bzw. müssen gemeinsam in einem Text verwendet werden. Das trifft sowohl auf gebrochene Schriften (Abb. 43) als auch auf Antiquaschriften zu (Abb. 44).

Abb. 43: Ligaturen in der Wilhelm Klingspor Gotisch LT Std
rot = Ligatur

Abb. 44: Ligaturen in der Adobe Caslon Pro Regular unter Verwendung
des langen ſ
 (Auszug)
rot = Ligatur
In Groteskschriften sind Ligaturen aufgrund der meist geringen Auswahl entbehrlich. Bei einem gut sortierten Typenvorrat können sie aber durchaus verwendet werden (Abb. 45).

Abb. 45: Ligaturen in der Myriad Pro Regular (Auszug)
rot = Ligatur
Das sind Ligaturen, die durch ihr Erscheinungsbild klar den Ligaturencharakter zum Ausdruck bringen. Diese können sich auch mit anderen Ligaturarten überschneiden (Abb. 46).

Abb. 46: Typografische Ligaturen, Beispiele
Insbesondere im anglo-amerikanischen Raum wurden und werden gerne Zierbuchstaben (Swashes) in Antiqua- und Groteskschriften verwendet. Dazu gibt es in der Regel auch Ligaturen mit Zierverbindungen. In deutschen Texten spießt es sich bei gleichzeitiger Verwendung des langen ſ, das dann nicht mit dem Buchstaben t verbunden werden kann. Hier heißt es dann »entweder/oder« (Abb. 47).

Abb. 47: Ligaturenkonflikt unter Verwendung des langen ſ und der Zierligatur st
hellblau = Zierligatur mit rundem s, rot = langes ſ bzw. Ligatur mit langem ſ,
dunkelblau = rundes s
regeln fuer ligaturen.png
Wenn man mit einer großen Anzahl an Ligaturen arbeitet will, muss man sich die Frage stellen, wo und wie man diese unterbringt, und zwar so, dass man sie auch schnellstm öglich findet bzw. ergreifen kann. Das kostet viel Platz und Zeit und der Anteil der Zwiebelfische im Setzkasten steigt rasant.
Besser ist es also, wenn man nur einige wenige, häufig vorkommende und in einem einzigen Setzkasten unterzubringende Ligaturen zur Verfügung hat, in dem sich auch die Standardzeichen der zugehörigen Schrift befinden.
Da anfangs hauptsächlich gebrochene Schriften (Schwabacher, Fraktur) insbesondere in Deutschland verwendet wurden, entstanden dafür wohl auch die ersten Ligaturregeln.
Obwohl weder die Setzkästen selbst noch ihr Inhalt bis dahin genormt waren, kann man davon ausgehen, dass ähnliche Konfigurationen schon seit längerem Bestand hatten und sich im Wesentlichen auch so bis zum Ende der Bleisatzära hielten.
Die Zeichenverbindungen ?, ?, ?t, ß sowie tz durften nicht als
Warum aber wurden diese Regeln so und nicht anders aufgestellt?
Nimmt der Setzer während des Setzens eine Ligatur aus dem Setzkasten und setzt sie in die Zeile im Winkelhaken ein, hat er etwas Zeit gegenüber dem Einsetzen von Einzelbuchstaben gespart. Vorausgesetzt, es ist eine häufig vorkommende Ligatur, die sich im selben Setzkasten wie die zugehörige Schrift befindet und von der ihm geläufig ist, in welchem Fach sie sich befindet (Fächer eines Setzkastens sind nicht beschriftet, das »wo ist was« mussten die Setzer daher auswendig wissen).
Klassische Regeln sind solche, die seit der Anwendung der beweglichen Lettern durch Johannes Gutenberg eingeführt und den Gegebenheiten entsprechend laufend angepasst wurden. Diese Regeln sind ausschlie ßlich für den Bleisatz oder für eine bleisatzäquivalente Typografie im Computersatz anzuwenden (siehe Regeln für Computersatz).
Auf diesen Regeln basieren die Optionen im Bereich Ligaturen in

In einem Font, der der Adobe Standard-Definition entspricht, befinden sich ausschließlich zwei mit der Option Ligaturen aufrufbare Ligaturen, nämlich die Ligaturen und (Abb. 48).

Abb. 48: Ligaturen fi und fl, Beispiele
Wie man im obigen Beispiel erkennen kann, ändert sich bei den Schriften Helvetica und Arial optisch nichts, da nur in wenigen Groteskschriften diese Ligaturen vorhanden waren. Auch bei der Fetten Fraktur ändert sich nichts, da dies eine Auszeichnungsschrift ist und dafür keine Ligaturen geschnitten wurden.
Klassische Ligaturen sind alle Ligaturen, die in die Kategorie Lückenreißer und Überhänger fallen. Für OpenType-Schriften sind das die Kategorien Standardligaturen und Bedingte Ligaturen. Ihre Anwendung ist von der verwendeten Schrift abhängig:
Gebrochene Schriften: Hier ist die Anwendung des langen ſ zwingend vorgeschrieben. Dieses ersetzt das runde s im An- bzw. Inlaut einer Silbe.
Antiquaschriften: Werden klassische Ligaturen für Antiquaschriften verwendet, gelten die selben Regeln wie für gebrochene Schriften. D. h., das runde s muss an den vorgeschriebenen Stellen durch ein langes ſ ersetzt werden (Abb. 49).

Abb. 49: Ligaturen in der Adobe Caslon Pro Regular bei Verwendung
des langen ſ
 (Auszug)
rot = Ligatur
Das Trennen von Wörtern erfolgte vorrangig an den Wortfugen, so
Denn in den Setzkastenfächern für die Buchstaben ? (s) und f (f

Die Ligaturen ?, ?, ft, ß sowie tz mussten immer verwendet werd
Die Ligaturen ff, fl sowie ll mussten hingegen beim Trennen imm
Wäre ein Buchstabe einer Ligatur Bestandteil eines Diphthongs,
War es erforderlich, Einzelzeichen nach einem Aufheben der Worttrennung bei Neuumbruch der Zeilen in eine Ligatur umzuwandeln, mussten zwei oder drei Buchstaben aus dem Winkelhaken entfernt, in den Setzkasten abgelegt, die entsprechende Ligatur daraus entnommen und im Winkelhaken eingesetzt werden.
Das gefiel den Setzern ganz und gar nicht, sodass sie es zur Regel erhoben, dass Ligaturen sich nicht über eine Wortfuge erstrecken durften: ein gewinnbringender »Workaround« (Abb. 50).

Abb. 50: Trennung bei Wortfugen (alte Rechtschreibung):
Ligaturen bleiben erhalten
rot = Ligatur
Beim Zusammentreffen mehrerer Buchstaben, für die eine Ligatur vorhanden ist, ist nach den klassischen Trennregeln vorzugehen. Das gilt für
Fraktur-, Antiqua- und Groteskschriften. Hier kann es zu Konflikten kommen, je nach Schriftkategorie und angewandter Rechtschreibung (Abb. 51).

Abb. 51: Auflösen von Ligaturen bei Worttrennung
rot = Ligatur

Wird ein Wort an der Stelle getrennt, an der eine Ligatur gebildet wurde, wird die Ligatur aufgelöst, sofern zwischen den Einzelbuchstaben getrennt werden muss. QuarkXPress kann aber nicht entscheiden, an welcher Stelle Buchstabenverbindungen regelgerecht zu Ligaturen verbunden werden müssen. Daher erübrigt sich auch eine Aktivierung der Option Nicht »ffi« und »ffl« (Abb. 52).

Abb. 52: Programmgesteuerter Satz von Ligaturen; falsche Zuweisung
rot = Ligatur
Wie man sieht, hängt der Einsatz von Ligaturen in jedem einzelnen Fall davon ab, zu welcher Silbe die beiden für die Ligatur in Frage kommenden Buchstaben gehören.
Im Fall des Worts hofieren gehören die Buchstaben f + i zwar zu einer Silbe, da aber i + e einen Diphthong bilden und damit eine untrennbare Einheit, darf hier keine Ligatur gebildet werden.
Doch es gab noch ein Problem: Da es anfangs keine Auszeichnungs-Schriftschnitte (kursiv, fett, fett kursiv) für gebrochene Schriften gab, konnten Textteile nur durch  S p e r r e n  hervorgehoben werden. Das wiederum hätte für Ligaturen bedeutet: Auflösen in Einzelbuchstaben und nach einem Korrekturlauf, in dem die Sperrung ganz oder teilweise wieder aufgehoben wurde, erneutes Einsetzen von Ligaturen.
Um sich diesen Mehraufwand möglichst zu ersparen, verfügten die
Dass diese Regeln einen typografischen Hintergrund hatten, ist durch nichts belegt; denn dass ein Satzbild wie in Abb. 53 ästhetischen Ansprüchen folgt, entbehrt jeder Grundlage:
ligaturen_fraktur.png
Abb. 53: Ligaturen in gesperrtem Fraktursatz nach klassischen Regeln
rot = Ligaturen, blau = aufgelöste Ligaturen
Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die klassischen Regeln ausschließlich nach kaufmännischen Aspekten aufgestellt wurden. Sie wurden geschaffen, um ein möglichst reibungsloses und damit möglichst schnelles, also ökonomisches Setzen zu ermöglichen. Das wiederum nicht zuletzt deshalb, weil die Setzer vor dem Beginn des Siegeszugs der Setzmaschinen nach Zeilen bezahlt wurden.
Jeder Satzfehler, den ein Setzer dabei verschuldete, musste von diesem kostenlos korrigiert werden. Das sowie die Tatsache, dass jeder Griff in ein Setzkastenfach einen zeitlichen Aufwand bedeutete und jeder Fehler, der beim (ohnehin schon kostenlosen Korrigieren) neu entstand, wiederum eine kostenlose Korrektur erforderte, führte letztlich zu den für den Blei(hand)satz gültigen Regeln.
Diese galten in späteren Jahren auch für den Maschinensatz, obwohl dafür Ligaturen nur eingeschränkt zur Verfügung standen.


Ist die Option Nicht »ffi« und »ffl« für Standardfonts aktiviert, sollte auch die Option Ligaturen aktivieren werden. Auf OpenType-Fonts hat das keine auswirkung, wenn die OpenType-Option Standardligaturen aktiviert ist.

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